Fast ein Jahr ist nun vergangen seit der Räumung der Besetzung am Bahnhofswald. Auf der gerodeten Fläche hat sich seitdem wenig getan, aber passiert ist dennoch einiges. Eventuell erinnert ihr euch noch an den angesägten Baum, auf welchem sich oben im Baumhaus noch eine Person befand. Die Polizei, die sich vor Ort weigerte, Personalien der Beteiligten (außer der Aktivist*innen und Kritiker*innen) aufzunehmen, ermittelte nach einigen Anzeigen dann doch. Jetzt wurden die Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt. Wir sind nicht überrascht, aber auch nicht erfreut sagen zu können, dass wir Recht hatten mit unserer Einschätzung, dass der Rechtsstaat keine der Beteiligten an den lebensgefährlichen Räumungsaktionen verurteilen wird.
Aufgabe der Staatsanwaltschaft hier war es vor allem die Geschichte zu schreiben, dass Investoren und beteiligte Akteur*innen der Räumung und Rodung eben nicht falsch gehandelt haben. Weil nicht sein kann, was nicht sein soll. Wir beschäftigen uns heute mit den Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft, um aufzuzeigen, wie sie funktionieren und nicht weil wir irgendwie sagen wollen, die Staatsanwaltschaft wäre für uns eine Institution, deren Meinung uns auch nur ansatzweise etwas bedeutet.

Aber macht euch selbst ein Bild.

Die Polizei

Die Polizei weigerte sich vor Ort, trotz mehrfacher Aufforderung, Personalien von beteiligten Securities und Baumfäller*innen aufzunehmen. Das ist einer der Gründe dafür, dass nicht ermittelt werden konnte wer den Baum angesägt hat. Eine Beweissicherung vor Ort hätte das ermitteln können. Indizien dafür, dass die Arbeiter ihr Handeln verschleiern wollten, gab es zuhauf: Sie agierten vollvermummt und hatten teilweise ihre Autos abgeklebt und sogar Nummernschilder abgenommen. Doch auch das veranlasste die Polizei nicht zu Personalienfeststellungen.

Dass das Verfahren um den angesägten Baum von Anfang an als versuchte Körperverletzung geführt wurde ist bereits eine respektlose Verharmlosung der tatsächlichen Gefahr. Der angeringelte Baum war unstrittig nach dem Ringeln nicht mehr standsicher. Das bedeutet, dass er mitsamt dem Baumhaus darauf und der Person darin hätte umfallen können. Dies hätte aller Wahrscheinlichkeit nach aber nicht zu einer Verletzung, sondern zum Tod der darin befindlichen Person geführt.

Aber selbst dort noch ermittelte die Polizei eher widerwillig. Polizei und Staatsanwaltschaft weigerten sich nämlich im Resultat, alle Mitarbeiter*innen der Fällunternehmen zu vernehmen und schieben die Schuld dafür den Aktivist*innen zu, die Aussagen verweigerten, weil gegen sie noch ermittelt wird – vermutlich mit deutlich mehr Eifer. So heißt es im Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft:

Weitere erfolgsversprechende Ermittlungsansätze bestehen nicht. Insbesondere erschien die Vernehmung der bislang nicht vernommenen Mitarbeiter der Fällunternehmen vor dem Hintergrund der bisherigen Ermittlungen, insbesondere vor dem Hintergrund der nicht erfolgten Aussagen seitens der Personen in den Baumhäusern sowie des erfolglos verlaufenen Presseaufrufs nicht erfolgsversprechend, um die Person zu ermitteln, welche letztlich für das Ansägen des Baumes verantwortlich ist, auf welchem sich das Baumhaus befand, in dem sich die Zeugin XX befand.

Im Resultat räumt selbst die Staatsanwaltschaft ein: „Die Personalien der Fällarbeiter wurden im Rahmen der unübersichtlichen Einsatzlage am 19.02.2021 durch die Polizei nicht festgestellt.“ Auf diesen noch relativ nüchternen Satz zur Inkompetenz der Einsatzkräfte vor Ort folgt dann jedoch eine denkwürdige Feststellung der eigenen Inkompetenz (bzw. des eigenen Unwillens): „Die Ermittlungen ergaben lediglich, dass auf dem Grundstück nicht ermittelte Personen tätig gewesen sind, für deren Beauftragung sich letztlich niemand verantwortlich gefühlt habe.“ Es liest sich fast, als würde die Staatsanwaltschaft ernsthaft behaupten wollen, es hätten sich gezielt organisierte dritte Personen, die mit JaRa oder den engangierten Firmen absolut nichts zu tun hätten mit Kettensägen an den Baum gemacht. Das ist also dieser Rechtsstaat, der auch unsere Interessen schützt, Frau Lange?

An Ermittlungen bestand durch Polizei und Staatsanwaltschaft kein Interesse, weil von der Polizei nur eine Seite als die Kriminellen angesehen wurde: Nämlich die Aktivist*innen, die illegal Bäume besetzen. Die Polizei ist eben auch nur eines der ausführenden Organe des Kapitals und schützt die anderen ausführenden Organe. Schauen wir uns die noch einmal an.

Die Baumfäller*innen

Eingesetzt waren zwei Baumpflege-Firmen, Der Baumservice Christiansen von Sven Christiansen aus Borgwedel (http://baumservice-christiansen.de) und Baumpflege König von Matthias König aus Wanderup (https://baumpflege-könig.de/). Beide waren am Ansägen der Bäume an dem Tag beteiligt.

Der Chef der einen Firma, Christiansen, war an dem Tag auf dem Hubwagen und sprach mit der Person im Baumhaus. Das stellt auch die Staatsanwaltschaft wie folgt fest:

„Aus dem Ermittlungsbericht ergibt sich, dass der Zeuge Christiansen, welcher sich auf einem Hubwagen nahe an dem Baum befunden haben will, auf welchem sich die Aktivistin und Zeugin XX befunden haben soll, aussagte, dass er selbst vom Ringeln des Baumes überrascht worden sei und der Zeugin angeboten habe, diese mit herunter zu nehmen. Ihm sei nicht bekannt, wer am Baum gesägt habe.“

Christiansen war an diesem Tag mit zwei seiner Angestellten vor Ort. Was wir von seinen Aussagen wissen, wirkt, als wolle er die beiden (und sich als ihren Chef) explizit schützen. Screenshots aus einem Video belegen, dass er exakt im Moment des Ansägens auf dem Hubwagen mit der Person im Baumhaus kommunizierte während seine beiden Angestellten mit Kettensägen am Boden direkt unter dem fraglichen Baum tätig waren. Die Person im Baumhaus berichtet, Christiansen habe das Einsägen des Baumes explizit angekündigt, aber als harmlos dargestellt. Das ist doppelt widerlich – denn Christiansen selbst war es, der Stunden später den angesägten Baum begutachtete und als nicht mehr standsicher einschätzte.

Die zweite eingesetzte Firma, „Baumpflege König“, war ebenfalls inklusive Chef vor Ort. Zu seiner Aussage findet sich bei der Staatsanwaltschaft folgendes:

„Auch die weiteren vernommenen Zeugen, welche als Unternehmer für die Fällung von Bäumen beauftragt wurden, konnten keine Hinweise zu der Person geben, welche für das Ansägen des Baumes verantwortlich gewesen ist. Der Zeuge König gab an, dass der bewohnte Baum nicht durch die Firma König und seine Mitarbeiter angesägt worden sei.“

Insgesamt wird festgestellt:

„Trotz der zahlreichen vernommenen Zeugen konnte letztlich keine Person Hinweise darauf geben, welcher Fällarbeiter für das Ansägen des Baumes verantwortllich gewesen ist, auf welchem sich ein Baumhaus mit einer Person befand. […] Im Rahmen der durchgeführten Vernehmungen der mit den Fällungen beauftragten Zeugen haben alle Zeugen keinerlei sachdienliche Hinweise auf den Tatverdächtigen geben können, welcher für das Ansägen des Baumes verantwortlich gewesen ist, auf welchem sich die Zeugin XX befand. Diese stritten jeweils ab, dass sie selbst oder die für sie tätigen Mitarbeiter für das Ansägen des Baumes verantwortlich gewesen sind.“

So will also niemand es gewesen sein, und die Staatsanwaltschaft gibt sich sogar nicht nur mit den Zeugenaussagen zufrieden, sondern weigert sich auch, weitere Mitarbeiter*innen als Zeug*innen zu vernehmen, um mehr herauszufinden. Es ist schon bemerkenswert, wie keine*r der Beteiligten hier Verantwortung übernimmt.

Unabhängig davon, dass kein*e Täter*in ermittelt wurde, versucht die Staatsanwaltschaft auch sonst noch, das Ansägen des Baumes als nicht so schlimm hinzustellen:

„Es kann daher auch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Person, welche den Baum letztlich angesägt hat, tatsächlich wusste oder zumindest billigend in Kauf nahm, dass der Baum infolge des zu tiefen Einschnitts seine Standfestigkeit derart verliert, als dass dieser umzustürzen drohte. Auch kann nicht abschließend gesagt werden, ob der Täter wusste, oder billigend in Kauf nahm, dass sich in dem Baumhaus noch eine Person befand.“

Während Polizei und Staatsanwaltschaften in Verfahren gegen politisch aktive Menschen oft krampfhaft bemüht sind, aus Situationen in denen kein Mensch zu Schaden kam potentielle Morddelikte zu konstruieren, wird hier die Staatsanwaltschaft rechtfertigend tätig, obwohl die Baumpflege-Fachfirma (vermutlich die gleiche, welche den Baum angesägt hatte) zum Ergebnis kam, dass eben keine Standsicherheit mehr bestünde. Letzteres zweifelt die StA in der Sache auch gar nicht an, unterstellt aber ins Blaue, die ansägende Person könne es unter Umständen vielleicht nicht gewusst haben. Bei Aktivist*innen ist so was wie Verbotsirrtum (so heißt das juristisch) übrigens ausgeschlossen, auf Grund ihrer Sozialisation als Aktivist*innen (so obergerichtliche Rechtsprechung).

Die Mutmaßung, die sägende Person könne eventuell nicht gewusst haben, dass auf dem Baumhaus eine Person war, ist mehr als ein Schlag ins Gesicht der Personen, die noch immer Strafverfahren haben, weil sie versuchten zu intervenieren (eben weil es nicht reichte die Arbeiter auf die Person hinzuweisen). Zynisch und ekelhaft ist diese Formulierung, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass unseren Erkenntnissen nach der Chef der sägenden Person im Moment des Ansägens von der Hebebühne aus mit der Person im Baumhaus sprach und dreist log, das „Anringeln“ sei nicht gefährlich. Was – wenn nicht Wut und vollkommener Vertrauensverlust in die Institutionen (falls sowas noch bestand) – könnten angemessene, gesunde Antworten sein?

Es gab weitere sehr gefährliche Vorgänge, die zur Anzeige gebracht wurden:

Als mit einem „Holzvollernter“ Bäume in unmittelbarer Nähe zu einer durch Aktivist*innen besetzten Struktur vorbeirangiert wurden, hätte das Fahrzeug samt Bäumen beinahe die Stützpfeiler und die Menschen getroffen. Trotzdem sieht die Staatsanwaltschaft keinen Vorsatz für eine versuchte Körperverletzung und stellte auch dieses Verfahren ein. Es wurden außerdem zahlreiche Bäume in direkter Nähe zu Aktivist*innen gefällt ohne dass die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände (standardmäßig gilt laut Unfallversicherungen die doppelte Baumlänge als Sicherheitsabstand) annähernd eingehalten worden wären. Auch hierin sieht die Staatsanwaltschaft keinen Grund weiter zu ermitteln oder anzuzeigen.

Die Securitys von fördeshowconcept

Die eingesetzten „Sicherheits“-Kräfte kamen von fördeshowconcept (http://www.foerdeshow.de/) und waren mit individuellen Nummern markiert. Wer nun aber meint, eine solche Nummer sei zur Identifizierung einzelner Angestellter gedacht oder jedenfalls geeignet, irrt sich gründlich.

Eine Person war zufällig vor Ort, als die Baumfäller mit dem Ansägen des Baumes mit bewohntem Baumhaus begannen. Sie versuchte, diese davon abzuhalten, wurde aber rabiat von den sogeannten Sicherheitskräften daran gehindert und zu Boden gebracht – diese schützten also explizit eine für die Person im Baumhaus lebensgefährliche Aktion.

Es gibt ein Foto auf dem die Person von einem Security zu Boden gedrückt wird. Deutlich erkennbar trägt dieser Secu die Nummer 59. Damit ließ sich aber nach Aussage der Staatsanwaltschaft nicht ermitteln, wer das war, so heißt es:

„Ein Tatverdächtiger konnte im Übrigen nicht ermittelt werden. … Unter den Nummern wurden allerdings keine Namen hinterlegt, sodass sie keiner konkreten Person zugeordnet werden konnte. Die Zeugin X erschien nicht zu ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung. Es lässt sich daher nicht mehr feststellen, von wem die Fesselung der Zeugin X durchgeführt wurde und ob diese gegebenfalls gerechtfertigt gewesen ist.“

Und vor Ort hatte sich die Polizei, wie schon berichtet, geweigert, direkt auch die Personalien der Securities aufzunehmen. Zeug*innen-Befragungen der eingesetzten „Sicherheits“-Kräfte, die vielleicht hätten helfen können, scheint es nicht gegeben zu haben.

Wenn es jedoch um die Rechtfertigung von Freiheitsberaubung und Körperverletzung durch die Securities gegenüber einer anderen Person geht, wird die Staatsanwaltschaft ausführlich in ihren Ausführungen:

„Jedoch war das Handeln der Beschuldigten gemäß § 127 StPO gerechtfertigt. Danach ist jedermann befugt, ohne richterliche Anordnung eine Person vorläufig festzunehmen, wenn diese auf frischer Tat betroffen oder verfolgt ist sowie sofern die Person der Flucht verdächtig ist oder ihre Identität nicht sofort festgestellt werden kann. Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht gestellt ist (§ 127 Abs. 3 StPO). Vorliegend gaben die Beschuldigten D. und G. übereinstimmend an, dass Person X den aufgestellten Bauzaun gewaltsam umgerissen habe und anschließend versucht habe, auf das Privatgrundstück des sog. „Bahnhofswaldes“ zu gelangen. Ferner gaben die Zeugen übereinstimmend an, dass X ferner versucht haben will, die Beschuldigten zu schlagen, um so gewaltsam auf das Grundstück zu gelangen. … Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hat Person X strafbare Taten der Körperverletzung gemäß § 223 StGB sowie des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 StGB begangen. X war dabei auf frischer Tat betroffen. Dadurch dass X versucht haben soll auf das Gelände zu gelangen und X’s Identität nicht sofort festgestellt werden konnte, bestand für die Beschuldigten das Recht, X auch ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Anwendung von Zwang , die vorher nicht angekündigt zu werden braucht, ist auch Privatpersonen gestattet. Bei der Festnahme von X ist auch die Anwendung körperlicher Gewalt mit der Gefahr oder Folge körperlicher Verletzung zulässig, insbesondere das feste Zupacken, auch wenn es Schmerzen verursacht. Auch das Fixieren am Boden sowie das Anlegen von Fesseln sind gerechtfertigt, wenn es im Verhältnis zur Bedeutung der Sache nicht unangemessen ist.“

Kein Wort dazu gibt es jedoch, dass die dort beschuldigte und festgehaltene Person ebenfalls in Notwehr gehandelt hat, eben um die Person auf dem Baum, welche durch das Ansägen des Baumes akut in Gefahr gebracht wurde, zu schützen. Laut Staatsanwaltschaft wäre die Sicherheitsfirma auch nicht dazu verpflichtet gewesen, die versuchte Tötung der Person auf dem Baum zu unterbinden, denn „aus der Strafanzeige ergeben sich keine konkreten Tatsachen dafür, dass ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder eine Not vorgelegen hat, welche den angezeigten Personen bekannt gewesen ist“. Sie wurden eben von den Kritiker*innen, die sie festgenommen haben, genau darauf hingewiesen! Aber nein, die Festnahme von Störer*innen war da wohl wichtiger als die Beendigung lebensgefährlicher Fällarbeiten. Was wir daraus mal wieder lernen: Rechtfertigungsgründe gelten nur für die Schergen von Staat und Kapital, für Aktivist*innen nicht.

JaRa Immobilien

JaRa ist verantwortlich für das ganze katastrophale Bauprojekt. Die Inhaber Jan Duschkewitz und Ralf Hansen haben die Firmen beauftragt, welche die laut Aussagen der Innenministerin illegale, weil das Gewaltmonopol ignorierende Räumungs- und Rodungsaktion durchführten und dabei das Leben mehrerer Aktivist*innen gefährdeten. Sie waren verantwortlich für einen Einsatz zahlreicher Menschen und einen Großeinsatz der Polizei inmitten eines Höhepunkts der Corona-Pandemie. Die Staatsanwaltschaft schreibt zu der Strafanzeige wegen „Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz, Unterstützung einer Straftat versuchten Totschlags bzw. der versuchten gefährlichen Körperverletzung“ nun, dass sie den Sachverhalt „geprüft“ hätte jedoch von der Einleitung „strafrechtlicher Ermittlungen“ abgesehen habe, da keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Begehung einer Straftat vorliegen würden. Eine Verantwortlichkeit für das Anringeln des Baumes und die damit verbundene Gefährdnung kann die Staatsanwaltschaft „nicht ansatzweise begründen: […] Es liegen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte aufgrund von konkreten Tatsachen dafür vor, dass die Angezeigten gegenüber einem unbekannt gebliebenen Täter den Auftrag erhielten, den Baum derart anzusägen, dass die Standsicherheit ernsthaft gefährdet gewesen sein könnte.“ Natürlich, wo kämen wir denn dahin, wenn diejenigen, die Aufträge erteilen, von denen sie wissen, dass sie gefährlich sind und Konfliktpotential haben, tatsächlich für die Ausführung dieser Aufträge zur Verantwortung gezogen werden? Es ist erwartungsgemäß wie immer: Auch die Hintermänner bleiben unbehelligt, dürfen weiter verdienen und riskieren nichts.

Die Politik

Bereits für das ganze Bauprojekt und die dafür erforderlichen Genehmigungen hatte Simone Lange als Oberbürgermeisterin Einfluss auf die zuständigen Stellen in den Landesministerien genommen.

Auch im Zuge der Räumung fällt einiges auf: So verkündete Simone Lange am Morgen des 18.2.21, also am Vortag der Räumung, im NDR, dass auf ihre Veranlassung hin aufgrund der verschärften Corona-Situation diesen Monat nicht mehr geräumt werden könne. Passend zur Räumung trat am Samstag, den 20.2. um 0:00 Uhr eine nächtliche Ausgangssperre in Flensburg in Kraft (ein umstrittenes Mittel zur Corona-Bekämpfung), um die Lange den Landtag persönlich gebeten hatte (im pdf Seite 5 & 16) – und dann Ministerpräsident Günther vorschickte, diese zu verkünden. Sie galt nur für eine Woche – zufälligerweise die Woche der Räumung vom Bahnhofswald – und wurde letztendlich zur Legitimierung und Legalisierung der Räumung genutzt. Den Baumhausbewohner*innen, die überwiegend allein in ihren Baumhäusern schliefen, wurde vorgeworfen, gegen die Ausgangssperre zu verstoßen, obwohl diese Art zu leben – mit nahezu ganztägigem Aufenthalt im Freien – wohl zu der am wenigsten Corona-anfälligen gehörte. Aber Vorwand ist Vorwand, sei es Brandschutz wie im Hambacher Forst oder eben eine Corona-Verordnung wie in Flensburg. Dass die Verordnung genau dafür erlassen wurde, liegt auch deshalb nahe, weil die Behörde jede weitere Auskunft zu ihrem Zustandekommen unter teils abstrusen Begründungen vehement verweigert.

Die Staatsanwaltschaft sieht von der „Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen im Hinblick auf die Ausstellerin des Amtshilfeersuchens, die Oberbürgermeisterin der Stadt Flensburg Frau Simone Lange, sowie im Hinblick auf die Investoren“ ab. Sie sieht keine Anhaltspunkte für eine Straftat. Zwei Aktivist*innen konnten während der Räumung vom Baumhaus aus beobachten, wie die Oberbürgermeisterin, begleitet von beiden Investoren, den Ort des Geschehens vom hinteren Parkplatz aus besichtigte, wobei die sehr vertraulichen Gesten zwischen Frau Lange und einem der Investoren die beobachtenden Personen irritierten. Das passte so gar nicht zu der (wohl inszenierten) öffentlichen Entrüstung der Oberbürgermeisterin über die Selbstjustiz von Ralf Hansen und Jan Duschkewitz.

Wir haben keine Ahnung, ob oder welche Vorteile Simone Lange von dem Vorgehen persönlich hat. Klar ist aber, dass sie sich hier an mehreren Stellen explizit für die Interessen von Hansen und Duschkewitz eingesetzt hat und dafür ihre ganze Macht benutzte. Und das obwohl es sie Sympathien in der Stadt kostete. Zumindest in die Richtung von Bestechlichkeit und Vorteilsnahme zu ermitteln, wäre also durchaus möglich gewesen. Aber was nicht sein darf, kann auch nicht sein, also besser keine Ermittlungen.
Da ist es doch besser, die Verwaltungsspitze bezichtigt alle, die eine Aufklärung dieser eklatanten Widersprüche fordern, der Verbreitung von „Fake News“ – dann schnell den Deckel drauf und totschweigen – Ein erprobtes Spiel in Flensburg, was aber nicht immer funktioniert, wenn Menschen genauer hinsehen und aufklären.

Wie zu Beginn bereits gesagt: Uns überraschen die eingestellten Ermittlungen gegen alle Räumungs- und Rodungsbeteiligten nicht. Dennoch: gerade wenn wir das mit den eingeleiteten Verfahren gegen alle vergleichen, die sich für den Erhalt des Waldes eingesetzt haben, schürt das unseren Hass auf die herrschenden Verhältnisse. Es nährt die Flamme des Zorns in unseren Herzen, die uns immer wieder, wenn wir verzweifelt sind, doch dazu bringt, weiter zu kämpfen, um diese Verhältnisse umzuwerfen.