Besuch

Heute kriege ich Besuch. 2 Stunden Besuch stehen jedem Häftling monatlich zu. Besuchszeiten dürfen weder einen Monat vorgezogen noch nach hinten verschoben werden. Vor und nach dem Besuch werde ich einmal kurz abgetastet. Vielleicht gäbe es härtere Kontrollen, wenn ich Drogen konsumieren würde. Der Besuchsraum ist recht gemütlich, sogar eine kleine Kinderspielecke gibt es. Eine meiner Besucherinnen – eine Kunstlehrerin – lobt die Ästhetik. An einer Wand ist eine große, schwarze Scheibe. Die Besuche werden alle optisch überwacht. Bei Bedarf kann dies um akustische Überwachung erweitert werden.

Kein Gottesdienst

Eigentlich wollte ich mir den Gottesdienst anschauen. Gottesdienste im Knast sind oft recht beliebt, da sie eine Möglichkeit darstellen Häftlinge von allen Stationen zu begegnen. Die freie Religions-Ausübung ist ganz besonders geschützt und daher kann die Teilnahme am Gottesdienst kaum verboten werden. Als die Durchsage kommt, dass es jetzt losgeht, bin ich gerade beschäftigt. Nur eine halbe Minute später stehe ich auf dem Flur und die Beamtin ist schon wieder weg. Als ich klingele heißt es über die Rufsprech-Anlage nur „Ne, das geht jetzt nicht mehr. Die sind alle schon weg.“

Mit den Durchsagen scheine nicht nur ich Schwierikgeiten zu haben. Gerade für ältere oder nicht-deutschsprachige Gefangene sind die oft schwer zu verstehen. Es entsteht ein Gefühl ständig bereit sein zu müssen. Wobei eine andere auch meint, dass sie sich nach einer Weile an die Zeiten gewöhnt habe.

Verbotene Gegenstände

Heute habe ich gelernt, dass „Der Aufenthalt im Freien erfolgt nach einem gesonderten Plan.“ (Anstaltsordnung) übersetzt werden kann mit „Wir haben irgendwo ein Schild aufgehängt, auf dem steht, dass ihr keine Gegenstände mit rausbringen dürft.“ So erklärt es mir zumindest die Beamtin, als sie mir beim Hofgang meine Schreibsachen wegnimmt und ich sie darauf hinweise, dass in der Anstaltordnung nichts von verbotenen Gegenständen steht.
Ich ärgere mich ein wenig, dass ich beim Schreiben nicht unauffälliger gewesen bin. Die anderen Gefangenen haben nämlich inzwischen mitbekommen, dass ich mir gerne ihre Erfahrungen mit dem Knast anhöre, beantworten geduldig meine Fragen und erzählen auch von sich aus vieles. Bei interessanten Details versichere ich mich immer wieder, ob es ok ist, wenn ich darüber in einem Blog schreibe. Selbstverständlich respektiere ich die Entscheidungen.

Chor

Über eine Durchsage erfahre ich, dass gleich der Chor stattfindet. Diesmal bin ich schnell genug. Es hat geholfen, dass wir den Beamtin den Teilnahmewunsch über ein Klingeln mitteilen sollten. Leider fällt der Chor beinahe aus, auch wenn sich die Beamtin bemüht, noch weitere Häftlinge zu motivieren. Ausnahmsweise mach die Gesangs-Lehrerin es doch, obwohl wir nur zu dritt sind. Die geringen Teilnahme-Zahlen seien wohl auch bei anderen Angeboten problematisch. Dabei gäbe es Töpfern, Häkeln, Sport und sogar Klavier-Unterricht. Meistens seien am Anfang viele Interessierte da und dann nimmt das Interesse ab.

Die Gesangs-Lehrerin ist wirklich gut. Am Anfang erklärt sie welche positiven Auswirkungen singen auf Körper und Geist hat. Dann geht‘s los mit den ersten Stimm-Aufwärm-Übungen – sie hat ein Keybord dabei, spielt etwas vor und lässt es uns singen. Schneller als mir lieb ist, ist die Stunde auch schon um. Am Ende erklärt sie, dass der Chor wohl bei so wenigen Interessierten bald nicht mehr stattfinden kann. Zum ersten Mal finde ich es schade, dass ich in einer Woche schon wieder draußen bin. Direkt danach verwerfe ich den Gedanken angewidert wieder und ärgere mich darüber, dass ich mich mit Chor-Unterricht einlullen lasse.