Am 7.12.23 begann ein weiteres Strafverfahren vor dem Amtsgericht Flensburg wegen Hausfriedensbruches im Kontext der Bahnhofswaldbesetzung. Bemerkenswerterweise damit exakt am selben Tag, an dem bei einem zuvor in gleicher Sache Angeklagten eine Einstellung einging.
Während Staatsanwaltschaft und Gericht in einem Fall (indem zuvor spektakulär wegen Vorliegens eines rechtfertigenden Notstands freigesprochen worden war, was jedoch vom OLG wieder aufgehoben wurde) kein öffentliches Interesse mehr an der Strafverfolgung erkennen und ohne Auflagen auf Kosten des Staates einstellen, startete gegen eine andere Aktivistin der Prozess. Sie hatte gegen einen Strafbefehl über 60 Tagessätze Rechtsmittel eingelegt.
Nach einer Einlassung (die findet sich hier im kompletten Wortlaut) folgte die Vernehmung von zwei Polizeizeugen.
Der erste Zeuge, PHK Petersen vom ersten Polizeirevier sagte aus, er habe die Besetzung des Bahnhofswaldes als Versammlung nach Artikel 8 Grundgesetz eingestuft und das den Menschen in und um die Baumhäuser auch mitgeteilt. Ansonsten verdeutlichte seine Vernehmung, wie kompliziert es ist, ein Geschehen, das sich über mehrere Monate erstreckte, nach Jahren genau zu rekonstruieren.
Der zweite Zeuge, der damalige Leiter des Flensburger Staatsschutzes Bahnsen, wurde umfangreich zur Zugänglichkeit des Geländes befragt. Anhand von Zeichnungen, Fotos, Erinnerungen und Mutmaßungen bemühte er sich, das Gelände als möglichst „umfriedet“ darzustellen. Sichtlich war seine Schilderung darauf ausgelegt, dem Wortlaut des Hausfriedensbruchsparagrafen möglichst gerecht zu werden und die Angeklagte zu belasten.
Zur Vorbereitung auf das Verfahren hatte er seine damaligen Vermerke gelesen und so konnte er sich zwar genau an die Angaben aus seinem Bericht zur Höhe des Geländers zwischen Bahnhofstraße und Postgebäude erinnern, aber sobald die Bildunterschriften unter den von ihm damals gefertigten Fotos abgedeckt wurden, konnte er (beim bis dahin noch nicht in Augenschein genommenen Rest der Bilder) nicht mehr sagen in welche Richtung diese Fotos aufgenommen worden waren und was dort zu sehen sei. 
Zum Schluss des ersten Verhandlungstages gab Richterin Zander dann noch allen Prozessbeteiligten einen Ausdruck der OVG-Entscheidung aus dem Verfahren des BUND gegen das Bauprojekt und ordnete an, dass dieses bis zum nächsten Termin gelesen werden möge.
Das Verfahren wird am 13.12.23 um 10 Uhr fortgesetzt. Wer zugucken möchte sollte etwas früher da sein und einen Ausweis mitbringen, denn es gibt (wie üblich bei Prozessen in Flensburg gegen politische Aktivist*innen) umfangreiche Einlasskontrollen durch die MEG (Mobile Einsatzgruppe Justiz).