Vor ein paar Monaten schien es, als würde sich aus den rechtsoffenen Kreisen rund um die diversen Verschwörungsmythen und „Hygienedemos“ auch eine Partei gründen. Doch „Widerstand2020“ scheiterte an Formalia und zahllosen internen Machtkämpfen und so entstand nicht eine Partei, sondern ein Wirrwarr neuer Kleinstparteien. Einige davon bestehen auch in Schleswig-Holstein, bzw. rund um Flensburg, weshalb wir einen kurzen Blick darauf werfen wollen:

Bürger in Bewegung (BiB)

„Bürger in Bewegung“ (www.bib-partei.de/) hat sich nach eigener Aussage Ende Oktober 2020 in Lübeck gegründet, politischer Geschäftsführer ist Marc Erdle. BiB betonen, basisdemokratisch und gewaltfrei zu sein. Sie formulieren ihr gerade mal acht Seiten umfassendes Grundsatzprogramm durchgehend (vermeintlich geschlechtsneutral) in männlicher Form und gefüllt ist es v.a. mit inhaltsleeren Phrasen.

Klassisch verschwörungsmythologische Inhalte finden sich darin aber dennoch.
In dem Bereich „Bildung und Kultur“ heißt es beispielweise:

Freie Medien sind wesentlicher Baustein einer demokratischen Gesellschaft. Unter dem intransparenten Einfluss von politisch protegierten und abhängigen Rundfunkräten hat der öffentlich rechtliche Rundfunk seine politische Neutralität verloren. Er erfüllt den im Rundfunkstaatsvertrag fixierten Informations‐ und Bildungsauftrag schon längst nicht mehr und nutzt stattdessen seine garantierte Marktmacht für staatliche Propaganda.

Auf ihren Demos und in ihren Chatgruppen, bezeichnen die rechtsoffenen Verschwörungsfans alle Medien, die nach ihrer Auffassung nicht als „alternative Medien“ (z.B. „kenFM“, Eva Hermann, das rechte Compact-Magazin, etc.) gelten, in der Tradition rechten Sprachgebrauchs, als „Mainstreampresse“ und „Lügenpresse“. Auch kam es des öfteren auf den sog. „Hygienedemos“, zuletzt auf der Demonstration in Leipzig im November 2020, zu körperlichen Angriffen auf Journalist*innen.

Und auch unter der Überschrift „Gesundheit und Vorsorge“ wird bei genauerer Lektüre offensichtlich, dass es sich hier um Maskenpflichtgegner*innen handelt:

Gesundheit ist eine Staatsaufgabe. Diese bezieht sich aber nach unserer Überzeugung auf die Schaffung und den Erhalt funktionierender Infrastrukturen und nicht auf das Abnehmen von persönlichen Entscheidungen. Wir stehen für die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Bürger, auch und gerade in gesundheitlichen Fragen. Folglich setzen wir uns gegen jede Art von verpflichtender medizinischer Behandlung mündiger Bürger zur Wehr und lehnen jede Form einer Impfpflicht mit Verweis auf die körperliche Selbstbestimmung strikt ab.

Unter „Wirtschaft und Finanzen“ finden sich dann auch ein paar Zeilen, die deutlich nach strukturellem Antisemitismus klingen, wenn auch dezent verklausuliert:

Das globale Finanzsystem dient zunehmend nur wenigen elitären und moralisch fragwürdigen Wirtschaftsmächten, welche für viel Ungerechtigkeit in der Welt die Verantwortung tragen und immer offener direkten Einfluss auf die handelnden Politiker ausüben.

In bekannter Schwurbelmanier, behaupten BIB etwas zu vertreten, von dem sie inhaltlich jedoch meilenweit entfernt sind. So heißt es in der Satzung der Partei zwar:

Totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Partei entschieden ab.

Aber in ihrem Telegram-Chat gibt es Positivbezüge auf Attila Hildmann, die Privatadresse von Herr Spahn wird eifrig geteilt, es ist die Rede von einem Corona-Regime, einige Drittes-Reich-Vergleiche und auch Inhalte von Ken Jebsen und QAnon bleiben unwidersprochen.

„Die Basis“ Schleswig-Holstein

Die neuste, aus Schwurbelkreisen im Juli diesen Jahres gegründete Partei ,heißt „die Basis“. Das (lediglich fünfseitige) Rahmenprogramm des Landesverbandes Schleswig-Holstein, basiert hauptsächlich auf leeren Phrasen und nichtssagenden Parolen. Von Geschwurbel ist darin oberflächlich wenig zu finden, eine klare inhaltliche Positionierung ist jedoch auch vollkommene Fehlanzeige.

Zur Gründung eines Flensburger Ortsverbandes kamen am 10. November 2020, knapp 30 Personen in die Räumlichkeiten der Bergmühle. Eingeladen hatte, der aus der Initiative „Flensburg für Grundrechte“ schon bekannte Alexander Kuhn. Auch andere, bekannte Gesichter von Teilnehmenden der bisherigen Demos der Initiative, waren bei dem Treffen dabei oder direkt an der Organisierung dessen beteiligt. Das Resultat des Abends waren, laut Nachricht im Telegram-Chat, 12 Neumitglieder und eine Ortsverbandsgründung.
Auch David Claudio Siber war an dem Abend zugegen.

Auf diebasis-partei.de heißt es

David Claudio Siber, bisher kommunalpolitisch für die Partei Bündnis 90/Die Grünen in Flensburg aktiv, hat sich am 5. November 2020 der Partei „Die Basis“ angeschlossen. (…) Siber ist für eine Spitzenkandidatur in seiner neuen Partei im Gespräch.

Siber war als Redner auf einer der großen Querdenken-Demos im August in Berlin aufgetreten, auf denen auch zahlreiche Nazis mitmarschierten und wurde daraufhin von den Grünen rausgeworfen.

Seitdem radikalisierte sich Siber in seinem eigenem Telegram Chat schnell. Mittlerweile teilt er dort, mit Positivbezug, nicht nur fröhlich Nachrichten aus dem Telegram Kanal von Eva Hermann oder Ken Jebsen. Auch teilt er gerne Nachrichten, in denen in bester Schwurbel Manier die Rede vom „Corona-Regime“ ist. Er fabuliert, dass es der Plan der Regierung sei, mit COVID-19 und einem bald kommenden, „in Wahrheit manipulierten“ Virus, welches er „COVID-21“ nennt, mehr Armut zu erzeugen und „Kritiker auszuschalten“. Erst kürzlich postete Siber ein Video von einer AfD – Veranstaltung mit dem Kommentar: „Top Rede von MdB Hansjörg Müller“. Ohnehin teilt er gerne Videos der AfD.

Wir2020 (Bodo Schiffmann)

Im Schleswig-Holstein Telegram-Chat von Wir2020 wird der rechte Influencer „Neverforgetniki“ gepostet, die Corona-Gesetze mit dem Dritten Reich verglichen und die AfD von Teilen der Chatmitglieder, u.a. dem offiziellen Ansprechpartner für Schleswig-Holstein Uwe Geest (siehe https://wir2020partei.eu/landesverbaende2/), vehement verteidigt.

Geest schreibt beispielsweise: „die AfD ist eine Oppostitionspartei und macht zur Zeit einen ganz guten Job“ oder bezeichnet die Corona-Gesetzgebung bewusst als „Ermächtigungsgesetz“, macht Vergleiche zur Judenverfolgung und ist ­– wen wundert‘s? – Fan von Trump.

Ob es von „Die Föderalen“ überhaupt einen SH-Ableger gibt ist uns nicht bekannt, daher haben wir uns mit denen in diesem Artikel nicht beschäftigt.