I ist wieder frei. Sie war drei Tage in der JVA Lübeck in Ordnungshaft, weil sie sich geweigert hatte, ein Ordnungsgeld von 150 € zu zahlen.

257,04 Euro am Tag kostet (so der Nordkurier) ein Hafttag pro Person im Schnitt in Schleswig-Holstein. Da I sich an ihrem Wohnort Kiel an der JVA einfand, dort aufgenommen und dann nach Lübeck gefahren wurde, dürfte insbesondere der erste Tag deutlich teurer ausgefallen sein. Grob überschlagen hat der Staat nun also rund 1000 € investiert, um die Ordnung zu wahren oder wiederherzustellen. Jene Ordnung, die Richterin Zander am Amtsgericht Flensburg vor anderthalb Jahren verletzt sah.

Nun mag dieser Fall besonders absurd wirken. Damit dadurch nicht der falsche Eindruck erweckt wird, Knast sei in anderen Fällen irgendwie besser oder hilfreich dokumentieren wir an dieser Stelle ein beim Haftantritt verlesenes Grußwort von Aktivist*innen aus dem Rheinland, das sich der Frage widmet, warum wir gegen Gefängnisse und Bestrafung sind.

Hallo zusammen,

im Anschluss an die Vorredner*innen nun noch etwas allgemeine Knastkritik.

Wir sind heute hier, weil wir nicht nur gegen Gefängnisse sprechen wollen, sondern gegen das ganze System, das Gefängnisse braucht.

Ein System, das immer wieder auf Strafe setzt, anstatt auf Heilung und Hilfe.

Ein System, das uns trennt, anstatt uns zu verbinden.

Und dieses System trifft besonders arme und nicht weiße Menschen: also diejenigen, die in der Gesellschaft schon benachteiligt sind.

Gefängnisse sind nicht nur Orte, an denen Menschen bestraft werden.

Sie sind auch Orte, an denen das System Menschen kontrolliert.

Es geht nicht darum, Verbrechen zu verhindern oder Menschen zu helfen, sich zu ändern. Es geht darum, die Gesellschaft so zu gestalten, dass diejenigen, die arm oder anders sind, in ein System gesteckt werden, das sie weiter isoliert und ausschließt.

Wer landet vor allem in den Gefängnissen? Nicht die reichen Leute. Es sind vor allem die gleichen Gruppen: Arme und nicht weiße Menschen. Das System bevorzugt die Reichen und Mächtigen und bestraft die, die in der sogenannten Mehrheitsgesellschaft nicht dazu gehören sollen.

Und Klimaaktivist*innen sind nun ebenfalls vermehrt durch Repression betroffen.

Man sagt oft, dass Gefängnisse Menschen helfen, sich zu ändern – Stichwort Rehabilitation – aber das ist ein Mythos. Gefängnisse machen die Menschen nur noch verletzlicher. Sie isolieren sie, stempeln sie ab und machen es ihnen schwer, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen. Die Menschen, die aus dem Gefängnis kommen, sind oft noch schlechter dran als vorher. Sie haben weniger Chancen auf eine Wohnung, einen Job oder ein normales Leben. Die Gesellschaftliche Abwertung führt meist zu weiterer Isolation.

Gefängnisse bieten keine Lösungen für die echten Probleme – Armut, fehlende Bildung, psychische Erkrankungen. Sie bestrafen Menschen, statt ihnen zu helfen.

Ein weiteres großes Problem: Rassismus und Klassismus. Diese Ungerechtigkeiten sind nicht einfach Zufall – sie sind tief im System verwurzelt. In der Geschichte haben rassistische und klassenbezogene Strukturen immer wieder dafür gesorgt, dass arme und nicht-weiße Menschen mehr bestraft wurden. In vielen Ländern, wie zum Beispiel in den USA, wurden die Gefängnisse immer wieder genutzt, um Menschen mit einer anderen Hautfarbe oder Herkunft zu kontrollieren.

Gefängnisse sind also keine neutralen Orte – sie sind Orte, die die Ungleichheiten in der Gesellschaft verstärken. Sie bestrafen diejenigen, die am meisten leiden, und stellen sicher, dass sie weiterhin unterdrückt bleiben.

Wir wollen keine Bestrafung mehr. Wir wollen ein System, das nicht auf Strafe setzt, sondern auf Heilung, Hilfe und Gemeinschaft. Statt Menschen zu bestrafen, wollen wir uns um sie kümmern. Wir müssen aufhören, Gefängnisse als Lösung zu sehen und anfangen, echte Lösungen zu finden, die den Menschen helfen, die Ursachen ihrer Probleme zu verstehen und daran zu arbeiten.

Was wäre, wenn wir aufhören würden, Menschen ins Gefängnis zu stecken und stattdessen an Lösungen arbeiten, die wirklich helfen? Wenn wir Menschen nicht mehr abstempeln, sondern versuchen, die Probleme zu lösen, die sie in die Schwierigkeiten gebracht haben?

Wir kämpfen für eine Welt, in der niemand in einem Käfig steckt – weder im Gefängnis, noch in einem sozialen System, das sie ausgrenzt. Wir wollen eine Welt, in der niemand bestraft wird, sondern in der wir uns umeinander kümmern und gemeinsam Lösungen finden. Eine Welt, in der Rassismus, Klassismus und alle anderen Ungerechtigkeiten verschwinden.

Lasst uns für eine solche Welt kämpfen – eine Welt ohne Gefängnisse, ohne Bestrafung, aber mit Fürsorge und Gerechtigkeit für alle.

Solidarische Grüße aus dem Rheinland