Am 20. Juni 2021 trafen sich ab 16.00 Uhr rund 15 Anhänger*innen der Akademie Engelsburg am Piratennest an der Flensburger Harniskaispitze. Warum wir diese Gruppierung für höchstproblematisch halten, haben wir hier erläutert.

Doch ganz so ungestört wie bei ihrem ersten Treffen lief es heute für die Engelsburger nicht – im Gegenteil: Etwa 20 Menschen wiesen mit Flugblättern und Redebeiträgen darauf hin, dass hier Reichsbürgerideologie und Q-Anon-Mythen sowie rechtsesoterische Anastasia-Geschichten verbreitet werden. Außerdem wurde das traute Beisammensein mit lauten Tröten gestört. Den Betreibenden des Lokals „Piratennest“ gefiel der ganze Trubel natürlich nicht, doch sie konnten sich auch nicht durchringen, die Eso-Fascho-Seximus-Verschwörungsleute weg zu schicken.

Nach einer Weile kam dann auch die Polizei zu dem Spektakel dazu und kurze Zeit später verließen schließlich auch die letzten Engelsburg-Anhänger*innen, die sich zuvor trotzig-tapfer die Ohren zugehalten hatten, die Harniskaispitze.

Hier dokumentieren wir die dort gehaltene Rede:

                                   
Hallo und willkommen bei unserer heutigen Spezial-Stadtführung. Wir sehen hier den Flensburger Ableger, der faschistischen Gruppierung Akademie Engelsburg. Faschistisch? Werden Sie jetzt fragen. Ja, faschistisch. Wie wir darauf kommen? Wir haben uns (möglicherweise im Gegensatz zu den hier versammelten Anhänger*innen, aber das können wir natürlich nur mutmaßen) die Videos von dem Engelsburg Oberguru Martin Laker mal angeguckt. Darin wünscht er sich unter anderem ein Ende des heutigen Systems und nach einer übergangsweisen Militärdiktatur dann ein neues deutsches Reich. Im Hintergrund seiner Videos: Eine Reichsflagge.
Diese vielleicht harmlos wirkende Gruppe an Menschen hier an der Flensburger Harniskaispitze singt nicht zufällig deutsche Volkslieder. Sie treffen sich, um einander kennen zu lernen und eine Gemeinschaft zu werden. Aber welche Werte und Überzeugungen vertritt diese Gemeinschaft? Die Ideologie der Akademie Engelsburg beinhaltet eine wirklich krude Mischung an Verschwörungsglauben und eine beeindruckende Menge menschenverachtender Scheiße. Über allem steht dabei Anastasia, eine Romanfigur aus einer esoterischen und zutiefst antisemitischen russischen Buchreihe, die zur Kultfigur einer neuen rassistisch-antisemitisch-esoterisch religiösen Bewegung wurde. Anastasia habe „den ganz obersten Plan gemacht“ so Laker, das Gesicht der Akademie Engelsburg. Anastasia untergeordnet, erklärt er weiter, sei dann Q mit seinen Q-Anons, den „digital soldiers“ der Bewegung, wie sich Laker auch selbst beschreibt. Q? Fragen Sie jetzt? Waren das nicht die, die behaupteten, satanistische Elite-Politiker würden Kinderblut als Verjüngungskur zu sich nehmen? Ja, ganz genau diese antisemitische, rassistische, fanatische, realitätsverweigernde Gruppierung ist hier gemeint. Wem Q Anon und Anastasia noch nicht genug ist, für den oder die ist auch noch Reichsbürgerideologie mit dabei: Laker erstrebt wie bereits erwähnt ein deutsches Reich und hält zudem Deutschland für eine privatwirtschaftliche Agentur. Ach und nicht zu vergessen: Sexismus hätten die Engelsburger auch noch im Angebot: Die Meinung von Frauen ist Herrn Laker ganz egal, die Emanzipation sei ein Graus.
Soweit so widerlich. Aber die Leute hier, die sehen ja ganz harmlos aus, werden Sie jetzt vielleicht sagen. Ja, das mag sein. Aber dann ist es wohl an der Zeit, das eigene Bild von Vertreter*innen rechter Ideologie zu überdenken. Denn lange schon treten diese nicht mehr im klassischen Bomberjacke-Springerstiefel Look auf.  zB. fragt im Flensburger Chat eine Person in klassischer Reichsbürgerlogik, ob wir noch ein Staatsgebiet hätten. Das Profilbild zeigt uns die Schreiberin Dörte M.: Eine ältere Frau mit lilanem Shirt, Sandalen und weißem Rock in den Dünen.
So wirr und offenkundig widersprüchlich all diese Thesen auch zweifellos sind: Sie sind alles andere als harmlos. Hatten wir bei den Querdenken-Demos (die hier „Flensburg für Grundrechte“ hießen) noch vor einer Radikalisierung durch Verschwörungsmythen gewarnt, so sehen wir jetzt eines der Resultate. Wer eine Militärdiktatur und ein deutsches Reich anstrebt, ist nicht mehr bei der „Ich-frag-ja-nur“-Fraktion, mit der wir im letzten Jahr so viel zu tun hatten. Wer uns jetzt noch fragt „Aber wo sind denn hier die Nazis?“, dem oder der können wir sicher sagen: Nach rechtsoffen kommt rechtsaußen.
Innerhalb kürzester Zeit haben sich allein in Schleswig-Holstein ein Dutzend Engelsburg Gruppen gebildet. Wer in diesen Gruppen nach Springerstiefeln sucht, wird womöglich nicht auf den ersten Blick fündig, aber die neue Rechte ist dadurch nicht weniger gefährlich. Rassismus in Kombination mit Ökolandbau bleibt Rassismus, Antisemitismus mit Schmetterlings- und Herzchensmileys bleibt Antisemitismus und menschenverachtend und Mythen wie die rund um Q-Anon führen in letzter Konsequenz zu rassistischen Mordserien wie in Halle oder Hanau.
Keinen Fußbreit dem Faschismus!