Seit mehreren Monaten demonstrieren wir in Flensburg gegen die Aktivitäten der Initiative „Flensburg für Grundrechte“. Einer unserer zentralen Vorwürfe: Mangelnde Distanz von rechts. Dass zentrale Akteur*innen der Initiative kein Problem haben mit Menschen, die rechtes und rechtsoffenes Gedankengut verbreiten, gemeinsam auf die Straße zu gehen und ihnen auch ein Podium bzw. die Bühne anzubieten, haben wir für Flensburg bereits umfangreich belegt. Doch es bleibt nicht dabei, denn ein Teil der Flensburger Aktiven fuhr auch zu den beiden Großdemos von „Querdenken“ in Berlin am 1. und am 29. August 2020, sowie zu zwei norddeutschlandweiten Demos Mitte August in Kiel und Mitte September in Hannover. Daher wollen wir an dieser Stelle auch auf die dortigen Geschehnisse einen kritischen Blick werfen:

Gemeinsam mit dem „Volkslehrer“ in Kiel

Am 16. August wurde Norddeutschlandweit nach Kiel mobilisiert, rund 600 Personen folgten dem Aufruf. Einer der Angereisten: Der als „Volkslehrer“ bekannte Antisemit, Holocaustrelativierer und rechtsaußen-Videoblogger Nikolai Nerling. Er wurde vom Kieler Orgateam persönlich freundlich begrüßt und auch nach expliziten Hinweisen auf seine Einstellung schien das Organisationsteam aus Kiel kein Problem mit dessen Anwesenheit zu haben. Die Flensburger Teilnehmenden schienen es auch nicht zu haben.

Ein längerer Bericht zu den Gegenprotesten findet sich hier: https://www.antifa-kiel.org/2020/08/17/bekannter-antisemit-auf-superspreader-event-der-querdenkenken-szene-auf-der-reventlouwiese-polizei-geht-gegen-antifaschistische-gegenproteste-vor

…mit den Nazis durch Berlin?

Am 29.8.2020 trafen sich in Berlin wichtige Leute der „Neuen Rechten“, Esos, Antisemiten*innen, Holocausleugner*innen, Hippies, Coronaleugner*innen, Neonazis und Hooligans, um vordergründig gegen die Coronamaßnahmen der Bundesregierung zu demonstrieren. Was schon länger bekannt ist, sollte allerspätestens seit dieser zweiten großen Demo dieser Art in Berlin klar sein: Bei den „Querdenken“ – Demos handelt es sich um mehr als nur rechtsoffene Demos, sondern vielmehr um in Teilen rechte bis offen rechtsextreme Veranstaltungen. Rechte Organisationen und Parteien wie der III. Weg, die AfD, die NPD mobilisierten zu der Veranstaltung die von „Querdenken“ angemeldet wurde und nahmen daran teil. Zahlreiche bekannte Rechtsextreme waren ebenfalls vertreten und die Querdenken-Demo war damit die größte rechtsextreme Demonstration in Berlin seit Jahrzehnten. Wer am 29.8. mit Neonazis zusammen demonstrierte und neben Reichskriegsflaggen spazierte, machte dies bewusst und zeigt deutlich, wo er ideologisch steht. Die Initiative „Flensburg für Grundrechte“ trägt damit dazu bei, rechtsextremes Gedankengut salonfähig zu machen und weiterzuverbreiten.

Hannover

In Hannover waren zwar deutlich weniger offensichtliche Rechtsradikale als in Berlin anwesend, doch auch dort waren Menschen mit T-Shirts auf der Demo geduldet auf denen beispielsweise „Born to be white“ zu lesen war. In typischer Nazimanier wurden die Gegenproteste als „Antifanten“ und „Nazis“ bezeichnet, viele Menschen trugen T-Shirts von Heiko Schrang, die Lüge in Berlin auf den Demos seien über eine Million Menschen gewesen wurde verbreitet, die aktuellen Corona-Maßnahmen mit dem dritten Reich verglichen und der Lockdown als Genozid bezeichnet. Um die Maskenpflicht auf der Demo zu umgehen, waren gefälschte Atteste im Umlauf. Und – wen wundert‘s? – mittendrin in diesen Protesten: Eine Gruppe Teilnehmender aus Flensburg.

Resümee

Auf den Flensburger Veranstaltungen gab und gibt es zwar keine so hohe Konzentration an Rechtsextremen, wie auf den Berliner Demos, aber auch jede Menge menschenverachtender Einflüsse und rechter Tendenzen. Unseren Flyer „Wo sind denn hier die Nazis“ zu genau dem Thema, sowie weiteres Infomaterial findet ihr hier. Die Initiative „Flensburg für Grundrechte“ scheint sich nicht nur an der rechten Ausrichtung der Demonstrationen in anderen Städten nicht zu stören, sondern begrüßt auch selber rechte Redner, wie Markus Fiedler, auf ihrer Veranstaltung. So geschehen auf der Bühne am 22.08 in Flensburg, bei dem „Fest für Frieden und Freiheit“, organisiert von der Initiative „Flensburg für Grundrechte“.

Lesenswerte Recherchen und weitere Infos v.a. zu Berlin:

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