(Ungeachtet aller Unklarheiten ob, wann und wo die Band Frei.Wild in Flensburg spielen finden wir es wichtig uns inhaltlich zu ihnen zu positionieren. )

Die Band Frei.Wild will am 20.4 in der Flens- Arena in Flensburg spielen. Ein Anlass sich mal mit den Texten und Positionen der 4 Südtiroler genauer auseinander zu setzten.

Nach mehreren Abenden Frei.Wild hören bluten zwar die Ohren, es fällt aber auch leicht sie zu beschreiben: schnelle Riffs, raue Stimme und gut gegeelte Haare.

Es geht um »wahre« Werte und das Leben, manchmal auch um »wahre« Liebe und Freundschaft, um die Heimat und gegen linke Gewalt.

Sie feiern sich selbst als Nonkonformisten und konservative Antifaschisten und angeblich setzten sie „tolle Zeichen für Tolenranz“.

Die Kontroverse um die Band eignet sich gut um die Akzeptanz rechter Inhalte in der Gesellschaft aufzuzeigen, denn obwohl sie immer wieder beteuern unpolitisch zu sein, sprechen ihre Texte und Aussagen eine andere Sprache.

Sie bedienen den Wunsch nach einfachen Antworten und Identität und passen so ganz wunderbar in die derzeitige Mitte der Gesellschaft, die Angst vor Überfremdung und Terroranschlägen hat.

Sie graben ehemals zu Recht verpöhnte Begriffe wie Heimatliebe und Patriotismus wieder aus und sind somit Teil einer Bewegung die auf die komplexer werdende Welt mit der Rückbesinnung auf „eigene“ Traditionen und Abschottung antwortet.

Das gefährliche an ihnen ist vor allem, das es sich nicht um eine klassische Naziband handelt.

Sie besingen ein ethnopluralistisches Gedankengut, in dem viele unterschiedliche „Ethnien“ ihren Platz finden – allerdings bitte vor allem dort, wo sie auch herkommen. Damit sind sie inhaltlich nicht weit von der Identitären Bewegung entfernt, die sich einer ähnlichen Ideologie bedient.

Es funktioniert innerhalb dieser Logik gut, sich gegen Kriege und Menschenhass, aber gleichzeitig gegen Überfremdung und Geflüchtete zu positionieren.

Sie verknüpfen die Liebe zur Heimat mit Tradition, Wurzeln und Stolz und fördern somit eine Darstellung vieler „homogener Völker“ und einem damit verbundenen ausgrenzenden Kulturbegriff. Die „eigene“ Kultur, in die der Mensch hineingeboren wird, gilt als mehr Wert als andere. Identität wird so mit einer „Blut und Boden“-Ideologie verknüpft, die dazu führt, das andere, „fremde“ Kulturen an Wert verlieren und bekämpft werden müssen.

Genau diese Sichtweise ist Wegbereiter für Fremdenhass und deutsche Zustände wie in Rostock Lichtenhagen im August 1992 (¹) und durch Bands wie Frei.Wild kommen solche Positionen immer mehr im Mainstream an. So werden Menschen unbewusst mit rechtem Gedankengut politisiert, meist ohne das selbst zu merken.

Mit der Darstellung als Grauzonen – Band fühlen sie sich mehr als wohl. Umstritten zu sein ist Teil der Bandidentität und gehört zu ihrem heldenhaften, maskulinem Selbstbild, mit dem sich „der gute,einfache Deutsche“ identifizieren kann. Es gibt die da oben, die die Welt lenken (und das sind in ihren Augen alles Idioten) und die da unten, die darunter leiden. Sie wettern gegen „Gutmenschen“ und „Muttersöhnchen“ und bedienen sich an Begriffen wie „Flüchtlingsmafia“, „andere Meinungshasser“, „System-Marionetten“ oder „Medien-Nutten“. Die Ähnlichkeit zur Wortwahl von Pegida und der AFD springen sofort ins Auge.

Sich selbst finden sie „zu edlen Wächtern auserkoren“ und „Vierfaltig wie (ein) Held[en]“, während die anderen schwach und duckmäuserich sind. Diese Rhetorik erinnert stark an die Idealisierung des Gesunden und Starken aus der rechten Szene. Auch Burger selbst bedient sich dieser Formulierungen, wie zum Beispiel in seiner Antwort auf die Proteste gegen das Konzert seiner Band in Flensburg: „Es zeigt leider auch, wie erfolgreich dieser hirnschädigende Virus namens „linke“ Doppelmoral um sich gegriffen und geschädigt hat“.(Quelle)

Außerdem verwenden sie überdurchschnittlich oft das Wörtchen „wir“ und erfinden damit eine Zusammengehörigkeit zwischen sich und ihren Fans, die gegen die ganze (natürlich dumme) restliche Welt kämpfen muss.

Spannend ist auch der sogenannte Antifaschismus der Band. So wird in dem Video zu ihrem Song „Wahre Werte“ der „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) bejubelt. Der BAS war eine zwischen 1950-69 aktive militante Nationallistentruppe, durch deren Anschläge insgesamt 21 Menschen zu Tode gekommen sind. In einem shz Artikel darauf angesprochen erwidert Burger: „Die Geschichte Südtirols ist ein unfassbar breites und kompliziertes Feld. Der Druck seitens der Tiroler Wiederstandkämpfer gegen die Faschisten von Mussolini und Co. hat letztendlich zum Recht auf Muttersprache, zur im Pariser Vertrag zugesicherten Südtiroler Autonomie geführt. “(Quelle)

Gewalt scheint in seinen Augen also doch ein legitimes Mittel zu sein um eigene politische Forderungen durchzusetzen. Mal ganz am Rande, das was den BAS an Mussolini störte, war nicht primär sein Faschismus, sondern das er Italiener war und repressiv mit der Südtiroler Minderheit umging.

Die vieldiskutierte Nazivergangenheit des Sängers, sowie seine Position im Brixer Parlament für die Partei „Die Freiheitlichen“ sind weitere Zeichen dafür, wo diese Band und ihre Mitglieder sich inhaltlich Posisitionieren. Zusammen mit den Aussagen die sie in ihren aktuellen Texten treffen zeigen sie damit eine sehr klare Kontinuität in ihrer politischen Positionierung.

Ihre Musik ist nichts anderes als der Soundtrack zum Rechtsruck der Gesellschaft! Teil dessen ist, das Positionen, die noch vor 5 Jahren als unsagbar galten, heute in der Mitte angekommen sind. Sie passen gut in ein Europa, das sich nach außen hin abschottet und Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, in dem überall Rechtspopulisten in die Parlamente einziehen und strenge Polizeigesetze auf dem Vormarsch sind.

Ihr Erfolg ist das Symptom eines Problems, das sich immer mehr auf den Straßen und in den Köpfen zeigt, allerdings fungieren sie mit ihren Texten und Positionierungen auch als Katalysator. Sie bieten einen einfachen (und rockigen) Berührungspunkt mit rechtem Gedankengut, frei nach der Logik: wenns schon einer singt, der ganz oben im deutschen Musikgeschäft angekommen ist, dann kanns ja auch nicht ganz falsch sein…

Die Frage die sich um den Widerstand gegen Frei.Wild stellt ist nicht die, was für Musik wir toll finden, sondern in was für einer Welt wir leben möchten, dabei spielt es keine Rolle ob sie verboten, indiziert oder sonstwas sind.

Aber am einfachsten erklärt Frei.Wild ihre Position einfach selbst:

[…]

Auf in die Schlacht, ab ins Gefecht
Gegen Maulkorbterroristen für das Völkerrecht
Auf in den Kampf, macht euch bereit
Es ist wieder, wieder… soweit
Auf in die Schlacht, ab ins Gefecht
Gegen Maulkorbterroristen für das Völkerrecht
Auf schmalem Grade und gerade durch die Wand
Reicht uns, reicht uns
Reicht uns eure Hand

[…]

Nichts für kleine Wichser
Und schwache Häuptersenker
Wir sind einfach wir, stolze Freiheitskämpfer
Nichts für Hosenscheißer, nichts für Egoisten
Prangern wir nicht ungern, von euren grauen Listen

(Frei.Wild, „Völkerrecht“ aus dem Album „Rivalen und Rebellen“, Platz 1 der deutschen Albumcharts, 2018)

(¹) Das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen zwischen dem 22. und 26. August 1992 gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein Wohnheim für ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter_Innen waren die massivsten rassistisch motivierten Angriffe in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkrieges.