Im Oktober 2020 besetzen Aktivist*innen den Bahnhofswald in Flensburg, um gegen den geplanten Neubau eines Parkhauses und eines Hotels und die damit einhergehende Biotopzerstörung zu protestieren. Im Februar 2021 wird die Besetzung martialisch geräumt, viele Bäume gefällt. Doch kurze Zeit später ergeht ein Baustopp. In den Folgejahren gibt es zahlreiche Strafprozesse gegen die Besetzer*innen, im Dezember 2023 wird Hanna zu 15 Tagessätzen wegen Hausfriedensbruch verurteilt. Weil sie sich weigert, die Geldstrafe zu zahlen, wurde sie nun in die JVA Bielefeld geladen, um dort sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe abzusitzen. Diese wird sie am Donnerstag den 17.7.2025 antreten.
Was sich die Investoren in Flensburg gewünscht hatten: Möglichst keine Beteiligung, keine Einwände und erst Recht keine ökologischen Bedenken sollten ihren Plänen im Weg stehen. Zwischenzeitlich setzte sich auch die damalige Oberbürgermeisterin Simone Lange persönlich auf Landesebene für sie ein, doch alles half nicht: Zunächst verzögerte die Baumbesetzung den Baubeginn um mehrere Monate und schließlich sorgte die Klage eines Umweltverbands für einen Baustopp. „Voraussichtlich rechtswidrig“ sei das Bauvorhaben, so das Fazit des Gerichts.
„Eine bezahlte Strafe bleibt ebenso eine Strafe, nur weitgehend unsichtbar“ erklärt Hanna ihre Entscheidung, statt 140 Euro zu zahlen sieben Tage in Haft zu gehen. „Es ist schon bemerkenswert: Bäume auf denen Menschen saßen wurden gezielt soweit angesägt, dass sie nicht mehr standsicher waren, doch diese Verfahren wurden alle ohne Prozess eingestellt. Aber weil ich auf Bäumen saß, soll ich nun ins Gefängnis. Das verrät ziemlich viel über diesen Staat.“
„Zwar sind viele Bäume gefällt worden und die Räumung hat massiv Menschenleben gefährdet, aber ich sehe die Besetzung dennoch als Erfolg: Zum Einen steht dort bis heute kein Neubau und zum anderen hat die breite Solidarisierung gezeigt, dass richtig viele Leute in Flensburg nicht in Ordnung finden, wie belanglos Bäume für die Verwaltung sind. Die vielen Beteuerungen und Versprechen der Politik zum Klimaschutz sind nichts als leere Propaganda. Der Bau-Turbo von Bauministerin Hubertz zum Beispiel bedeutet potentiell die Versiegelung wertvoller Grünflächen in den Städten und damit das exakte Gegenteil dessen, was angesichts des Klimawandels notwendig wäre. Kommunal wie auch im Bund brauchen wir eine grundlegend andere Art des Umgangs mit der Natur.“
Haftantritt: Do, 17.7.25, 15 Uhr, JVA Bielefeld-Senne, Hafthaus Ummeln, Zinnstraße 33, 33649 Bielefeld
Parallel zum Haftantritt ist eine Soli-Mahnwache am Bahnhofswald in Flensburg um 16 Uhr geplant. Kommt gerne vorbei!
Thomas
16. Juli 2025 — 4:19
Solidarische Grüße aus Freiburg! Viel Kraft. Die Entscheidung, die Ersatzfreiheitsstrafe anzutreten halte ich für konsequent: das ist auch ein Zeichen, dass Menschen sich nicht einschüchtern lassen.
ilka Sander-Maas
16. Juli 2025 — 8:22
Was soll ich sagen? Ein Trauerspiel in unzähligen Akten. Bäume sind Leben und gerade große Bäume helfen uns, die Hitze- und Dürreperioden zu überstehen und dabei selbst zu überleben, was „alternativen Ersatzpflanzungen“ nicht gelingt. Wofür? Für unnötige Versiegelung – in heutiger Zeit eine Katastrophe. Dank an Hannah, die für die Bäume und uns kämpft