Uns wurde eine Gegendarstellung zu dem Bericht aus der SHZ „Marathonsitzung im Amtsgericht“ vom 5.4.2017 zugeschickt. An dieser Stelle möchten wir die Gegendarstellung dokumentieren.
Während der shz am 4.4. journalistisch sauber und an Vermittlung von Inhalten orientiert über den Prozess gegen Jasper L. im Zusammenhang mit der Räumung der Luftschlossfabrik berichtete, folgte am 5.4. ein an Respektlosigkeit und Meinungsmache schwer zu überbietender Text von Herrn Ohlsen.
Ein „knappes Dutzend Unterstützer“ will Herr Ohlsen gesehen haben, obwohl deutlich über 20 Zuschauer beim Prozess waren.
Herr Ohlsen berichtet, die Räumung der Luftschlossfabrik sei in der linksautonomen Szene „längst Legende“. Woher er dieses vermeintliche Wissen hat bleibt gänzlich unklar.
Es seien „mit Sand gefüllte Bierflaschen“, „Pflastersteine“ und „Raketen“ eingesetzt worden und daher sei es „erstaunlich“, dass dies „nicht eine Prozesslawine losgetreten“ habe. Worauf sich Herr Ohlsen bei den gefüllten Bierflaschen, Pflastersteinen und Raketen bezieht ist abermals unklar, denn im vorliegenden Prozess ist nichts dergleichen vorgeworfen. Dem Angeklagten wird vorgeworfen Kieselsteine geworfen und Pyrotechnik gezündet zu haben sowie an einer Leiter gezogen zu haben mit der Beamte der Polizei versucht hätten ein Dach zu erreichen. Bei der Pyrotechnik handelt es sich, und das zeigt das Video eindeutig, nicht um Raketen., bei den Steinen nicht um Pflastersteine und gefüllte Flaschen kommen ebenfalls nicht vor. Der dann folgende Satz
lautet „Immerhin: Am Flensburger Amtsgericht stand gestern einer von zwei Terminen an.“ Deutliche lässt sich die offensichtliche Freude über den nun gestarteten Prozess schwerlich ausdrücken. Von journalistischer Neutralität kann hier nicht die Rede sein.
Eines der in der Verhandlung vorgeführten Videos zeigt die Räumung aus einem der Gebäude. Dabei werden bei einer Person, die sich offensichtlich komplett passiv verhält über einen Zeitraum von mehreren Minuten diverse Schmerzgriffe angewendet und die Person gegen Wände und brutal auf den Boden gepresst. Herr Ohlsen kommentiert dies hämisch und respektlos mit folgenden Worten:
„Jedenfalls stöhnt und jammert er so fürchterlich unter dem Griff der beiden Beamten, als sollte er ins nächst gelegene Höllenloch verschleppt werden und nicht zur Feststellung seiner Personalien vor die Tür. Dieses krasse Wiedersehen mit selbst erlebtem Leid nimmt L. so sehr mit („Das ist
brutal, ich brauch’ ne Pause!“), dass er für eine Rekonvaleszenz eine Unterbrechung von
20 Minuten beantragt.“
Es folgen Ausführungen, die Anträge des Angeklagten seien verantwortlich für die lange Verfahrensdauer, als sei es dem Angeklagten vorzuwerfen, dass er von seinen prozessualen Rechten Gebrauch macht. Herr Ohlsen scheint sich Angeklagte zu wünschen, die sich ehrfürchtig und still fügen und nicht verteidigen statt sich mithilfe der Strafprozessordnung ihrer rechte zu bedienen.
Auch hier folgen im Detail schlichte Falschdarstellungen, so beispielsweise die Behauptung, die Unterstützer seien zu spät gekommen und der Angeklagte habe beantragt mit dem Beginn auf die zu spät gekommenen zu warten. Richtig ist vielmehr, dass die umfassenden Einlasskontrollen durch die eigens angeforderte MEG (Mobile Einsatzgruppe Justiz) erst kurz vor Beginn der Verhandlung überhaupt begannen, ein früheres Eintreten nicht möglich war und somit ein Großteil der sämtlich rechtzeitig anwesenden Unterstützer_innen dem Prozess nicht von Beginn an folgen konnte. Eigentlich ist das ein eklatanter Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz. Herr Ohlsen hingegen nutzt den Antrag des Angeklagten für Stimmungsmache gegen ihn.
Der Bericht geht weiter „Dann geht es weiter mit der Zulassung einer Bekannten als Wahlverteidigerin. Die ist zwar keine gelernte Juristin, aber L. beruft sich auf Paragraf 6 Menschenrechtskonvention – da will Theising lieber keinen Ärger machen.“
Abgesehen von einem sehr fragwürdigen Bezug den Herr Ohlsen offenbar zur Menschenrechtskonvention hat bezog sich der Angeklagte mit seinem Antrag in erster Linie auf die Strafprozessordnung, die exakt diesen Fall regelt. Den Antrag zu genehmigen ist mitnichten ein großzügiges Entgegenkommen der Richterin wie es Herr Ohlsen darstellt, sondern schlicht die Inanspruchnahme prozessualer Rechte. Die mögen Herrn Ohlsen nicht passen, eine solch unsachliche Polemik hat in einem redaktionellen Beitrag jedoch nichts verloren.
Es geht ähnlich weiter „Ein weiterer Antrag soll etwas später eine weitere juristisch interessierte Freundin zur Wahlverteidigerin befördern“.Offenkundig soll mit dieser Formulierung der beantragten Person die juristische Kompetenz abgesprochen werden- eine sehr fragliche Unterstellung, da im vorliegenden Fall weder Staatsanwaltschaft noch Gericht Zweifel an der juristischen Sachkunde der Beantragten hatten und sogar explizit deren juristische Fachkenntnisse als unstrittig gegeben bezeichneten.
Im weiteren Bericht folgen Mutmaßungen über die Motivation der Richterin Beweisanträge zum Komplex der Unrechtmäßigkeit der Räumung als wahr zu unterstellen, obwohl Richterin Theising zu ihren Gründen nichts weiter ausführte.
Es handelt sich dabei nicht um den ersten Fall herausragend unseriöser Berichterstattung zu Gerichtsprozessen von Herrn Ohlsen. Erst vor wenigen Wochen erschien ebenfalls ein Artikel von ihm, der neben zahlreichen Wertungen auch viele sachliche Fehler enthielt. Es bleibt zu hoffen, dass der shz in Zukunft gründlicher überlegt, welche Redakteure zu Gerichtsprozessen geschickt werden.